Mit der Konstituierung des neuen Bundestages hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dessen Minister offiziell aus ihren Ämtern entlassen. Doch damit endet ihre politische Verantwortung nicht unmittelbar. Auf Bitte des Staatsoberhaupts wird Scholz gemeinsam mit seinem bisherigen Kabinett die Amtsgeschäfte weiterhin geschäftsführend führen, bis eine neue Regierung gebildet ist.
Der Wechsel an der Spitze der Regierung ist eine formale und verfassungsrechtlich vorgesehene Prozedur. Laut Artikel 69 des Grundgesetzes endet das Amt des Bundeskanzlers und der Bundesminister automatisch mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages. Da die konstituierende Sitzung des Parlaments nun stattgefunden hat, musste Steinmeier die Entlassungsurkunden überreichen. Dennoch bleibt Scholz zunächst geschäftsführend im Amt.
Krisenzeiten prägten die Amtszeit von Scholz
In seiner Rede würdigte der Bundespräsident die Arbeit der bisherigen Regierung und hob dabei besonders die Herausforderungen hervor, denen sich Scholz und sein Kabinett in den letzten drei Jahren gegenübersahen.
„Sie mussten sehr oft schnell und entschlossen handeln“, sagte Steinmeier mit Blick auf die Vielzahl an Krisen, die während Scholz' Kanzlerschaft bewältigt werden mussten. Besonders die Reaktion auf die Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie die Folgen des Terrorangriffs der Hamas auf Israel hätten die Bundesregierung vor immense Herausforderungen gestellt.
Die Regierung habe es dennoch geschafft, Deutschlands Verteidigungsfähigkeit zu verbessern, neue Wege in der Energieversorgung zu gehen und zahlreiche Flüchtlinge aufzunehmen. Diese Leistungen verdienten Respekt, betonte Steinmeier.
Regierungsgeschäfte laufen vorerst weiter – mit Einschränkungen
Obwohl Scholz und sein Kabinett offiziell entlassen wurden, bleiben sie weiterhin geschäftsführend im Amt. Dies ist eine gängige Praxis, wenn eine neue Regierung noch nicht gebildet ist.
„Wir werden unsere Verantwortung wahrnehmen, bis ein neues Kabinett ernannt wurde“, erklärte Scholz in einer kurzen Stellungnahme. Allerdings bedeutet der geschäftsführende Status, dass die Regierung nur noch die notwendigsten Entscheidungen trifft und keine weitreichenden politischen Maßnahmen mehr einleitet.
So wird der Kanzler weiterhin internationale Verpflichtungen wahrnehmen, darunter eine geplante Reise zum Ukraine-Gipfel in Paris. Auch einige Minister werden noch wichtige Termine absolvieren, während andere ihre Arbeit bereits reduzieren.
Scholz' Amtszeit: Die kürzeste eines SPD-Kanzlers
Mit einer Amtszeit von drei Jahren, drei Monaten und 17 Tagen wird Olaf Scholz als SPD-Kanzler mit der bislang kürzesten Regierungszeit in die Geschichte eingehen.
Zum Vergleich: Willy Brandt (1969–1974), Helmut Schmidt (1974–1982) und Gerhard Schröder (1998–2005) blieben alle länger im Amt, da sie mindestens eine Wiederwahl erreichten. Kürzer als Scholz regierten nur Ludwig Erhard (1963–1966) und Kurt Georg Kiesinger (1966–1969), beide von der CDU.
Scholz' Amtszeit war von zahlreichen Krisen und politischen Herausforderungen geprägt. Neben der Bewältigung von Corona, Krieg und Energiekrise stand seine Regierung auch innenpolitisch vor schwierigen Aufgaben. Die Umsetzung der sogenannten „Zeitenwende“ in der Verteidigungspolitik, die Einführung des Bürgergeldes und das Ringen um Haushaltsmittel waren zentrale Themen.
Wann kommt die neue Regierung? Union und SPD verhandeln noch
Die Frage, wann Deutschland eine neue Regierung bekommt, bleibt vorerst offen. Zwar sind die Koalitionsverhandlungen zwischen der Union und der SPD bereits im Gange, doch ein genauer Zeitplan ist schwer vorherzusagen.
Optimisten hoffen darauf, dass Friedrich Merz (CDU) und sein künftiges Kabinett noch vor Ostern im Schloss Bellevue ihre Ernennungsurkunden erhalten könnten. Dafür müssten die Verhandlungen über den Koalitionsvertrag jedoch in den kommenden Tagen abgeschlossen werden.
Sollten sich die Gespräche verzögern, könnte die Regierungsbildung erst Ende April oder Anfang Mai erfolgen. Dass die Verhandlungen scheitern, hält jedoch kaum jemand für realistisch, da eine tragfähige Koalition zwischen Union und SPD als wahrscheinlichste Option gilt.
Steinmeier mahnt zur Verantwortung
In seiner Rede mahnte der Bundespräsident alle Beteiligten zur Verantwortung und betonte die Bedeutung einer stabilen Regierung. „Deutschland steht vor großen Herausforderungen, und wir brauchen eine handlungsfähige Exekutive“, sagte Steinmeier.
Der neue Bundestag hat nun die Aufgabe, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Während Scholz und sein Kabinett noch geschäftsführend im Amt sind, könnte bald ein Regierungswechsel anstehen – wenn die Verhandlungen erfolgreich verlaufen.
Bis dahin bleibt Scholz Bundeskanzler – wenn auch nur mit eingeschränkten Befugnissen.